ErasmusPlus KA1

 

Lernen von und mit Europa

 

19.05.2019 - 24.05.2019: CLIL - Content and Language Inte­grated Learning, Dublin

 Tag 1: Neun Län­der und 1 Frosch

 

Das ers­te Ken­nen­ler­nen ist ge­schafft., die Teil­neh­mer kom­men aus 9 ver­schie­de­nen Län­dern. Fran­zo­sen, Ita­lie­ner und Spa­ni­er stel­len die größ­te Grup­pe, Po­len sind na­tür­lich auch da­bei.

 

Nach­dem Klas­sen­tier Gün­ther und ich be­reits ei­nes der High­lights Dub­lins, den Long Room des Trini­ty Col­le­ges, be­sucht hat­ten und ein we­nig in die Ge­schich­te der Stadt ein­tau­chen konn­ten, ging es Sonn­tag Abend mit dem of­fi­zi­el­len Teil mei­ner Eras­mus-Wo­che in der iri­schen Haupt­stadt los.

Ge­mein­sam mit Leh­re­rin­nen und Leh­rern aus acht an­de­ren Län­dern (so­gar mit ei­ner Kol­le­gin, die aus La Re­uni­on ein­ge­flo­gen ist) er­fuhr ich durch un­se­ren spa­ni­schen Pro­gramm­lei­ter Edu­ar­do die Grund­la­gen der kom­men­den sechs Ta­ge, die un­ter dem The­ma "CLIL in Dublin: Content and Language Inte­grated Learning" ste­hen wer­den...

 

Er er­läu­ter­te, wie wich­tig es ihm sei, die eu­ro­päi­sche Idee in un­se­re Grup­pe zu tra­gen und durch die­se ge­mein­sa­me Wo­che die Ba­sis für in­ter­na­tio­na­le Freund­schaf­ten, die dar­über hin­aus ge­hen, zu le­gen.

Wir als Lehr­kräf­te soll­ten uns zu­dem zu Her­zen neh­men, dass nicht die In­hal­te im Zen­trum stün­den, son­dern die Kin­der. Ein Grund­satz, den man sich stets vor Au­gen hal­ten soll­te. Ab mor­gen sind die 63 Teil­neh­mer in vier Kur­se auf­ge­teilt, ich wer­de ein Se­mi­nar über CLIL - Con­tent and Lan­gua­ge In­te­gra­ted Learning (qua­si bi­lin­gua­ler Sach- und Fach­un­ter­richt) be­su­chen. An­schlie­ßend an die In­for­ma­tio­nen über den Kurs er­hiel­ten wir ei­nen kur­zen Ein­blick in die Ge­schich­te Ir­lands. Ich bin sehr ge­spannt auf die kom­men­den Ta­ge, den Aus­tausch mit Kol­le­gen aus ganz Eu­ro­pa und die Her­aus­for­de­run­gen, die so ei­ne Wo­che mit sich bringt!

Tag 2: Die vier C's

 

Bunt ge­mischt‘ trifft un­se­re Kurs­grup­pe nicht nur auf­grund der un­ter­schied­li­chen Her­kunfts­län­der son­dern auch auf­grund der un­ter­schied­li­chen Ar­ten von Lehr­kräf­ten die wir sind.

Ne­ben mir und ei­ni­gen an­de­ren Grund­schul­leh­re­rin­nen neh­men auch Se­kun­dar­schul­lehr­kräf­te und Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­ren teil - span­nend, wie Ma­schi­nen­bau, BWL und die The­men der ers­ten Klas­se sich doch nicht so sehr un­ter­schei­den und Er­fah­run­gen aus­ge­tauscht wer­den.

Kurs­lei­te­rin Jill gab uns zu­erst ei­ne Über­sicht dar­über, was CLIL über­haupt ist und wel­che un­ter­schied­li­chen An­sät­ze dar­un­ter ver­stan­den wer­den kön­nen.

Das Prin­zip ist, egal wel­che Schul­art be­trof­fen ist, stets das glei­che: Der fach­li­che In­halt muss - je nach Al­ter und Un­ter­richts­the­ma - so auf­be­rei­tet wer­den, dass es zur Schü­ler­schaft passt.

 

Bei der Un­ter­richts­pla­nung hel­fen da­bei die vier C's: Con­tent, Com­mu­ni­ca­ti­on, Cogni­ti­on, Cul­ture. Al­so:

Wel­che In­hal­te sol­len in wel­cher kom­mu­ni­ka­ti­ven Si­tua­ti­on wie ver­an­kert wer­den und müs­sen da­bei be­stimm­te kul­tu­rel­le Vor­aus­set­zun­gen be­ach­tet wer­den?

Als Nicht-Mut­ter­sprach­ler ist das Be­wusst­sein über die frem­de Spra­che da­bei na­tür­lich ele­men­tar. Da­bei wird zwi­schen All­tags­spra­che und Fach­spra­che, wie sie zum Bei­spiel in ge­schrie­be­nen Tex­ten vor­kommt, un­ter­schie­den. In Grup­pen­ar­beit muss­ten wir hier­zu In­hal­te un­ter­schied­li­chen Ak­ti­vi­tä­ten zu­ord­nen. Hier­bei bleibt grund­le­gend, dass In­hal­te vor Sprach­zu­wachs und Sprech­flüs­sig­keit vor gram­ma­ti­ka­li­scher Rich­tig­keit gel­ten.

Ein in­for­ma­ti­ver und kurz­wei­li­ger Ein­stieg in die The­ma­tik!

Tag 3: Scaf­fol­ding

 

Nach ei­nem ge­sel­li­gen Abend mit ita­lie­ni­schen Kol­le­gen ("Sturm der Lie­be" und "Um Him­mels wil­len" sind in Ita­li­en Stra­ßen­fe­ger - wer hät­te das ge­dacht?), dreh­te sich der drit­te Kurs­tag um das The­ma Scaf­fol­ding (sie­he un­ten).

Auch hier­bei geht es dar­um, wie die Schü­ler sprach­lich und in­halt­lich so vor­be­rei­tet und im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes "ge­rüs­tet" sein müs­sen, um sich die Un­ter­richts­in­hal­te und Kom­pe­ten­zen zu er­ar­bei­ten.

What lear­ners can do to­day with sup­port, they can do alo­ne to­mor­row, lau­tet ein Zi­tat des rus­si­schen Psy­cho­lo­gen Vy­gots­ky, das uns von der Kurs­lei­te­rin na­he ge­legt wur­de.

Ge­nau ge­sagt han­delt es sich da­bei um Wör­ter, Satz­an­fän­ge oder Struk­tu­ren, die den Kin­dern da­bei hel­fen, sich aus­zu­drü­cken und ih­re Ge­dan­ken in der Fremd­spra­che zu ver­ba­li­sie­ren.

Als Bei­spiel für die Er­ar­bei­tung des Wort­schat­zes ei­nes neu­en The­mas ver­setz­te uns Jill in die Rol­le un­se­rer Schü­ler.

 

Zu­nächst muss­ten wir Bil­der in ei­ne be­stimm­te Rei­hen­fol­ge le­gen, an­schlie­ßend die da­zu­ge­hö­ri­ge Be­schrei­bung (wie sich spä­ter her­aus­stell­te: in Es­pe­ran­to) zu­ord­nen. Um un­se­re Schü­le­rin­nen und Schü­ler zur Kom­mu­ni­ka­ti­on mit­ein­an­der zu ak­ti­vie­ren, prä­sen­tier­te Jill uns ei­ne Aus­wahl un­ter­schied­li­cher Dia­gram­me, die zu un­ter­schied­li­chen Zeit­punk­ten im Un­ter­richt ein­ge­setzt wer­den kön­nen. An­schlie­ßend muss­ten wir auch die­se Auf­ga­be selbst um­set­zen, was wie­der­um die Viel­falt des Kol­le­gi­ums zeig­te.

Zur Ak­ti­vie­rung des Vor­wis­sens der Kin­der wur­de uns die K-W-L-Me­tho­de er­läu­tert und an­hand des The­mas "Gui­ness" nä­her ge­bracht. Wohl auf ty­pisch iri­sche Art!

 

Nach dem heu­ti­gen Kurs­tag nahm ich mit mei­ner Grup­pe an ei­ner sehr in­ter­es­san­ten Stadt­füh­rung teil, die uns un­ter an­de­rem am Ge­burts­haus von Os­car Wil­de und Ori­gi­nal­schau­plät­zen von Ja­mes Joy­ce‘ "Ulys­ses" vor­bei führ­te.

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Sie­he Ar­ti­kel "Scaf­fol­ding ist ein sprach­li­ches Ge­rüst" auf der Web­sei­te des Goe­the In­sti­tu­tes: "Beim Scaf­fol­ding geht es um Sprach­ver­mitt­lung im Fach­un­ter­richt – et­wa in Ma­the­ma­tik, Geo­gra­fie oder Ge­schich­te – wo­bei die Fach­in­hal­te nach wie vor im Vor­der­grund ste­hen. Der Be­griff ‚Scaf­fol­ding‘ kommt aus dem Eng­li­schen und be­deu­tet ‚Ge­rüst‘. Durch das Vor­ge­ben sprach­li­cher Ge­rüs­te kann man ei­nem we­ni­ger kom­pe­ten­ten Spre­cher hel­fen, et­was sprach­lich aus­zu­drü­cken, was er al­lei­ne noch nicht be­wäl­ti­gen könn­te ..."

Tag 4: För­dern und For­dern

 

Der heu­ti­ge Kurs­tag stand ganz im Zei­chen der Un­ter­stüt­zung und För­de­rung al­ler Schü­ler. Wir dis­ku­tier­ten über die viel­fäl­ti­gen Be­rei­che, in de­nen sich un­se­re Schü­le­rin­nen und Schü­ler un­ter­schei­den kön­nen, sei es Al­ter, Ge­schlecht, kör­per­li­che Un­ter­schie­de, kul­tu­rel­le Hin­ter­grün­de oder schlicht­weg un­ter­schied­li­che In­ter­es­sen und Mo­ti­va­tio­nen.

Das ge­mein­sa­me Ziel ist es nun, star­ke Schü­ler her­aus­zu­for­dern und sol­che mit Schwie­rig­kei­ten zu un­ter­stüt­zen. Kurs­lei­te­rin Jill prä­sen­tier­te uns an­schlie­ßend di­ver­se Me­tho­den, um Auf­ga­ben auf ver­schie­de­nen Ni­veaus zu er­stel­len. Das je­wei­li­ge­The­ma ist da­bei un­ter­schied­lich auf­be­rei­tet, die Kin­der sol­len ent­schei­den, wel­che sie in ei­ner be­stimm­ten Zeit be­ar­bei­ten wol­len.

 

Wäh­rend­des­sen ar­bei­ten sie sehr selbst­stän­dig und die Lehr­kraft steht den Schü­le­rin­nen und Schü­lern be­ra­tend zur Sei­te, falls Fra­gen auf­kom­men soll­ten.

Am letz­ten Kurs­tag wer­den Klein­grup­pen aus al­len vier Kur­sen ih­re Er­kennt­nis­se der Wo­che in Form von kur­zen Prä­sen­ta­tio­nen vor­stel­len. Nach dem Mit­tag­es­sen be­gan­nen wir mit der The­men­fin­dung und Pla­nung un­se­res Vor­trags.

An­schlie­ßend ge­nos­sen wir ei­nen Be­such in der Na­tio­nal Gal­le­ry, die ei­nen in­ter­es­san­ten Mix aus iri­schen und aus­län­di­schen Künst­lern aus­stellt.

 

Tag 5: Rea­ding

 

Auch wenn das Le­sen eng­li­scher Wör­ter und Sät­ze in der ers­ten und zwei­ten Klas­se wohl nicht so fort­ge­schrit­ten ist, wie bei den Kol­le­gen der Uni­ver­si­tä­ten, war es in­ter­es­sant, sich mit der The­ma­tik aus­ein­an­der­set­zen. An­hand un­ter­schied­li­cher Zi­ta­te dis­ku­tier­ten wir über ei­ge­ne Le­se-Er­fah­run­gen so­wohl in der Mut­ter­spra­che als auch in der Fremd­spra­che.

Wir wa­ren uns ei­nig, dass nicht das Ver­ständ­nis je­des ein­zel­nen Wor­tes son­dern der Ge­samt­ein­druck zählt, so­lan­ge man die In­for­ma­ti­on be­kommt, nach der man sucht. Das Über­set­zen gan­zer Tex­te in die Mut­ter­spra­che ist nur in Aus­nah­me­fäl­len emp­feh­lens­wert, bei­spiels­wei­se im Um­gang mit schwie­ri­gen Fach­be­grif­fen, die "sit­zen müs­sen".

 

An­hand ei­nes Tex­tes in Es­pe­ran­to ver­setz­ten wir uns in die La­ge un­se­rer Schü­le­rin­nen und Schü­ler. Wir muss­ten her­aus­fin­den, um wel­che Text­art und The­ma es sich han­delt. Er­fah­re­ne Le­ser se­hen an­hand des Bil­des, dass dies für uns kei­ne Her­aus­for­de­rung dar­stellt, weil wir auf Le­se­stra­te­gi­en und be­reits Ge­le­se­nes zu­rück­grei­fen und ver­glei­chen kön­nen. Es muss al­so un­se­re Auf­ga­be sein, die Kin­der im Lau­fe der Zeit mit un­ter­schied­li­chen Text­ar­ten zu kon­fron­tie­ren. Ele­men­te wie ein­zel­ne Wör­ter, Zah­len oder so­ge­nann­te "Co­gna­tes" (Wör­ter, die in der Mut­ter­spra­che ähn­lich sind) kön­nen beim Ver­ständ­nis und der Be­ar­bei­tung un­be­kann­ter Tex­te in der Fremd­spra­che hel­fen.

 

Tag 6 & 7: Leis­tungs­fest­stel­lung und Ab­schluss

 

Vor der Kon­zi­pie­rung je­der Leis­tungs­fest­stel­lung über­le­gen wir Lehr­kräf­te, wel­che In­hal­te und Kom­pe­ten­zen auf­grund des ver­gan­ge­nen Un­ter­richts er­war­tet wer­den kön­nen. Bei der Durch­füh­rung von Pro­ben und Tests in ei­ner Fremd­spra­che ist die­se Über­le­gung noch wich­ti­ger, weil ein of­fen­sicht­li­cher Kon­flikt zwi­schen Spra­che und In­halt be­steht.

Wir dis­ku­tier­ten dem­nach dar­über, in­wie­fern es mög­lich ist, In­hal­te ab­zu­fra­gen und ge­ge­be­nen­falls ex­tra Punk­te auf Ant­wor­ten in der Fremd­spra­che zu ge­ben. Ei­ne Leis­tungs­fest­stel­lung soll letzt­end­lich nicht die De­fi­zi­te der Schü­le­rin­nen und Schü­ler auf­zei­gen, son­dern be­wusst ma­chen, was sie kön­nen und wor­an man noch ge­mein­sam ar­bei­ten muss.

Durch die Ver­wen­dung der Fremd­spra­che kann den Kin­dern dem­ent­spre­chend auf­ge­zeigt wer­den, wie weit ih­re Eng­lisch­kennt­nis­se be­reits fort­ge­schrit­ten sind. In ei­ner Grup­pen­ar­beit setz­ten wir uns mit Me­tho­den zur ei­ge­nen Re­fle­xi­on und Rück­mel­dung für Mit­schü­ler aus­ein­an­der.

 

 

Auch hier zeig­te sich wie­der, wie wert­voll der Aus­tausch mit den in­ter­na­tio­na­len Kol­le­gen ist und wie sehr sich die Er­fah­run­gen letzt­end­lich doch äh­neln.

 

Sams­tag mor­gen tra­fen sich die Teil­neh­mer al­ler Kur­se in ei­nem Hör­saal zur Ab­schluss­ver­an­stal­tung.

Pro­gramm­lei­ter Edu­ar­do be­gann mit ei­nem Vor­trag über un­se­re Auf­ga­be als Lehr­kräf­te, un­ser Wis­sen wei­ter zu tra­gen und be­zog dies vor al­lem auf die Grund­wer­te der eu­ro­päi­schen Uni­on.

An­schlie­ßend stell­ten die Grup­pen ih­re wäh­rend der Wo­che vor­be­rei­ten­den Prä­sen­ta­tio­nen vor. Mei­ne Grup­pe be­stand aus ei­ner deut­schen und ei­ner ita­lie­ni­schen Kol­le­gin und be­han­del­te die Um­set­zung ei­ner bi­lin­gua­len Un­ter­richts­stun­de über Kal­li­gra­phie.

Wäh­rend der letz­ten Ta­ge wa­ren wir auf­ge­for­dert, in der Stadt Fo­tos zu schie­ßen, die wir zu Hau­se in un­se­ren Un­ter­richt in­te­grie­ren kön­nen. Dies brach­te uns auf die Idee, Un­zia­le nä­her zu be­trach­ten und da­zu ei­ne Kunst­stun­de zu pla­nen.

 

Es war ei­ne wahn­sin­nig ge­winn­brin­gen­de Wo­che mit in­ten­si­vem Aus­tausch, Zu­sam­men­ar­beit und Net­wor­king, ganz im Sin­ne der eu­ro­päi­schen Idee. Es wur­de deut­lich, dass sich Kin­der und Lehr­kräf­te sehr ähn­li­chen Her­aus­for­de­run­gen stel­len müs­sen, sei es in Po­len, Spa­ni­en oder Deutsch­land.

Selbst­ver­ständ­lich kam auch der ge­sel­li­ge Teil nicht zu kurz, was ei­ne zu­künf­ti­ge pan­eu­ro­päi­sche Zu­sam­men­ar­beit manch­mal viel­leicht noch ver­stärk­te. Auch mir wur­de wie­der be­wusst, in welch be­son­de­rer Si­tua­ti­on wir uns im Rah­men der Eu­ro­päi­schen Uni­on be­fin­den und wie wich­tig die För­de­rung und kon­ti­nu­ier­li­che Ar­beit im Sin­ne der Ge­mein­schaft sind.

K. L.